Mit Beschluss vom 22. September 2016 hat das OVG Schleswig festgestellt, dass die Kindertagespflegesatzung des Kreises Pinneberg nichtig ist. Noch im letzten Moment hatte der Kreis Pinneberg mit Anpassungen der Satzung erfolglos versucht, die eindeutige Entscheidung des OVG Schleswig abzuwenden. Sowohl die Fassung der Kindertagespflegesatzung ab dem 1. August 2014 als auch die Fassung der Kindertagespflegesatzung ab dem 1. August 2016 ist rechtwidrig und damit nichtig, erklärten die Richterinnen. Es fehlt schlicht an der vom Gesetzgeber vorgesehenen Sozialstaffel. Bewußt hatte die Verwaltung und die Politik im Kreis Pinneberg komplizierte Antragsverfahren in die Gewährung von Zuschüssen zu den Elternbeiträgen eingebaut.
Zunächst wurden 100 Prozent der Kosten der Kindertagespflege gefordert. Wollten Eltern für die Kindertagespflege den gleichen Elternbeitrag zahlen, wie für die Krippe, musste ein sogenannter Differenzkostenantrag gestellt werden. Bedingung war ein rechtswidrig geforderten Nachweis, dass kein Krippenplatz frei sei. Ziel war es mit diesem Antragsverfahren viele Millionen zu sparen. In dem Unterlagen des Kreises Pinneberg heißt es dazu:
„Es ist davon auszugehen, dass sich bei einer Übernahme der Differenzkosten ohne Nachweispflicht die Abrechnungsfälle für den Kreis Pinneberg deutlich erhöhen würden, weil Eltern nur durch die Abrechnung über den Kreis in den Genuss der Übernahme der Differenzkosten kommen. Bei einem angenommenen Anstieg auf 1000 Abrechnungsfälle würden sich die Mehrkosten nochmals um 581.400 € erhöhen, so dass dann insgesamt Mehrkosten in Höhe von 1.490.322 € entstehen würden.(VO/FD 31.15.250, Jugendhilfeausschuss vom 21. Mai 2015)“
Eltern, die bisher nicht von der Sozialstaffel bzw. dem Differenzkostenausgleich profitiert haben, sollten schnell jetzt einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen. Damit drohen dem Kreis Pinneberg Erstattungen in Höhe von mehreren Millionen Euro.
Bereits in den Jahren 2013 und 2015 hatte die Frauen-Rechtlerin Angela Heinssen mit ihren Klagen gegen die Kindertagespflegesatzung des
Landkreises Stade Erfolg vor dem OVG Lüneburg. Sowohl die Satzung aus dem Jahre 2009 als auch die geänderte Fassung aus dem Jahr 2013 wurden für nichtig erklärt (OVG Lüneburg Beschluß vom 21. Juni 2013 und OVG Lüneburg Urteil vom 29. September 2015) Zurzeit sind über 100 Klagen gegen überhöhte Elternbeiträge
und auf Erhöhung der laufenden Geldleistung für Tagespflegepersonen anhängig. Rechtsanwältin Angela Heinssen vertritt Mandant*innen bundesweit.